Ausgewiesene Leistungsstärke in der angewandten Forschung
Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) gehört zu den forschungsstarken Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Deutschland. In den vergangenen Jahren hat die Hochschule im Durchschnitt jährlich mehr als 20 Millionen Euro Drittmittel von Bund, Land, EU und Wirtschaft eingeworben. Derzeit laufen 85 kooperative Promotionsverfahren mit Betreuung von Professorinnen und Professoren der HTWK Leipzig; allein in den vergangenen fünf Jahren haben knapp 60 Personen ihre Promotion abgeschlossen.
Neben dieser Forschungsstärke ist die Tatsache, dass bereits heute ca. 40 Prozent aller HTWK-Professuren im ingenieurwissenschaftlichen Bereich (z. B. Bauingenieurwesen, Elektrotechnik und Informationstechnik, Maschinenbau) nach dem neuen Kriterienkatalog kooptiert werden könnten, ein weiterer Beleg für den Anspruch auf ein eigenes Promotionsrecht. Dieser Katalog war von der sächsischen Landesrektorenkonferenz (LRK) im Benehmen mit dem SMWK gemäß den Anforderungen des neuen Sächsischen Hochschulgesetzes im Dezember 2024 veröffentlicht worden.
Maßgebliche Kriterien sind die Höhe der eingeworbenen Drittmittel und die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen. Diese sogenannten Gleichstellungskriterien sollen eine objektive, gerechte und transparente Grundlage für die Aufnahme von HAW-Professorinnen und -Professoren in die Fakultät einer Universität gewährleisten.
Mit Blick auf die gesamte HTWK Leipzig inklusive des sogenannten GSW-Bereichs (Geistes- und Sozialwissenschaften, einschließlich Geschichts-, Kultur-, Kunst- und Sprachwissenschaften sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) könnten rund ein Viertel der gegenwärtigen Professuren nach den genannten Kriterien sofort kooptiert werden, da sie diese bereits ad hoc erfüllen.
Prof. Dr.-Ing. Faouzi Derbel, Prorektor für Forschung und Nachhaltigkeit: „Diese Zahlen belegen die Lehr- und Forschungsstärke unserer Hochschule sehr eindrucksvoll. Die Gleichstellungskriterien der LRK sind ein Fortschritt, Kooptation reicht aus unserer Sicht auf Dauer jedoch nicht aus. Daher muss es unser Anspruch bleiben, dass HAW in Sachsen endlich ein eigenes Promotionsrecht erhalten. Dass schon jetzt so viele unserer Professuren die Kriterien erfüllen, zeigt, dass an der HTWK Leipzig die Expertise da ist.“
HTWK-Rektor Prof. Dr.-Ing. Jean-Alexander Müller bekräftigt: „Wir sind überzeugt, dass ein eigenes Promotionsrecht für uns nicht nur die Qualität der angewandten Forschung weiter steigern, sondern über den Transfer auch die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt Leipzig und der regionalen Wirtschaft fördern würde. Im Moment haben die sächsischen HAW und insbesondere die an der Grenze zu Sachsen-Anhalt und Thüringen liegende HTWK Leipzig einen klaren Standortnachteil durch das fehlende eigene Promotionsrecht. Der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs für Professuren an HAW ist eine große Herausforderung für die Zukunft der praxisnahen Forschung in Deutschland, die ja vor allem an Hochschulen wie unserer stattfindet. Wir müssen für Professorinnen und Professoren attraktiv sein – ein eigenes Promotionsrecht, mindestens für einzelne Bereiche, ist dafür unabdingbar.“
Die Herausforderung ist groß: Die Hälfte aller Professuren an der HTWK Leipzig wird bis 2030 altersbedingt frei. Schon heute jedoch sind Anzahl und Diversität qualifizierter Bewerbungen gering. Projekte zur strategischen Karriereförderung wie „Science Careers. Karrieren fördern. Talente gewinnen“ im Bund-Länder-Programm „FH Personal“ an der HTWK Leipzig fördern seit 2023 gezielt wissenschaftliche Karrieren. Dies allein reicht jedoch aus Sicht der HTWK Leipzig nicht aus. Das fehlende Promotionsrecht konterkariert diese Bemühungen zudem.
Hintergrund
Kooptation bedeutet: Professorinnen und Professoren an HAW sollen auf ihren Antrag und mit Zustimmung ihrer Hochschule an eine Fakultät einer Universität zum Zweck der Teilnahme an Promotionsverfahren kooptiert werden (Mitglied der Fakultät werden dürfen, meist befristet), wenn sie hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Forschungsleistungen Professorinnen und Professoren an Universitäten gleichgestellt sind.
Sachsen ist eines von nur vier Bundesländern, das HAW nach wie vor kein eigenes Promotionsrecht zugesteht. Stattdessen sind lediglich kooperative Promotionen und Kooptationen möglich.
HAW-Professuren können also nur in den Promotionsprozess an Universitäten eingebunden werden, jedoch nicht selbständig Promotionen starten und betreuen. Hessen war 2016 das erste Bundesland, das HAW das eigenständige Promotionsrecht zugesprochen hat.