Seit Jahresbeginn haben einige neue Professoren den Weg an die Fakultät Ingenieurwissenschaften der HTWK Leipzig gefunden. Einer davon ist Marco Krondorf, seit 16. März Professor für Nachrichtentechnik
Wer sind Sie und woher kommen Sie?
Ich komme ursprünglich aus Rosswein, einer kleinen Stadt in Mittelsachsen, und bin in Döbeln aufs Gymnasium gegangen. Nach dem Abitur war ich ein Jahr Grundwehrdienstleistender in Berlin und habe danach, ab 2000, an der TU-Dresden Informationssystemtechnik studiert. Nach meinem Studium habe ich in Dresden im Bereich Mobilfunk promoviert und dann im Jahr 2010 zusammen mit einem Kollegen das Startup INRADIOS gegründet. Fokus unserer Firma war und ist die Entwicklung von Hardware und Software für die moderne Satellitenkommunikation. Nach der Übernahme der INRADIOS durch die Firma Rohde & Schwarz im Jahr 2017 war ich noch bis Anfang dieses Jahres Entwicklungsleiter am Standort Dresden, wo ich auch mit meiner Familie wohne.
Woher kommt Ihre Affinität zur Nachrichtentechnik?
Kurz nach meinem Abi 1999 kamen die ersten Mobilfunkgeräte auf dem Markt. Als ich zum ersten Mal eines in der Hand hielt, wurde mir plötzlich klar, wir wenig ich von der Funktionsweise moderner Technik verstand. Ich hielt diesen leblosen Kasten aus Plastik in den Händen, und der reagierte mit sinnvollen Sachen auf meine Tasteneingaben. Ich hatte keine Ahnung, wie es funktionierte und fühlte mich in gewisser Weise unmündig – meine Motivation, jedes Bit moderner Technologie verstehen zu wollen, war ab dann mein Antrieb. Um nicht als Streber ausgegrenzt zu werden, habe ich in meiner Bundeswehrzeit freiwillig Wachdienste übernommen, um mich nachts in aller Ruhe mit Integral- und Differenzialrechnung zu beschäftigen.
Was haben Sie studiert?
Ich habe an der TU Dresden Informationssystemtechnik studiert, einen interdisziplinären Studiengang der Elektrotechnik und Informatik. Diese Mischung war grandios, da der Studiengang eine umfassende mathematische Ausbildung enthielt, aber trotzdem den Zugang zu den neuesten Methoden, beispielsweise der Softwaretechnologie. Im 6. Semester machte ich dann eine wichtige Erfahrung. Bis dato hatte ich mit den Vorlesungsinhalten keine großen Schwierigkeiten. Dann besuchte ich das Fach ‚Mobile Nachrichtensysteme‘ von Prof. Gerhard Fettweis. Die Inhalte dieser Vorlesung waren derart komplex und vielschichtig, dass ich mich wochenlang beispielsweise mit den Modellen zur Funkwellenausbreitung beschäftigte und immer wieder neue Aspekte darin entdeckte. Der Unterschied zu allen anderen Vorlesungen, die ich bis dato besucht hatte, war der, dass es nicht mehr reichte, die Gleichungen zu beherrschen und die Zusammenhänge auswendig zu lernen. Lernen reichte plötzlich nicht mehr – ich musste das alles wirklich verstehen. Das ist ein Unterschied. Von da an war mir klar, dass ich in diesem Gebiet arbeiten wollte und besuchte alle relevanten Vorlesung bei meinem späteren Doktorvater Gerhard Fettweis.
Was lehren Sie an der HTWK Leipzig?
Ich halte die Module Nachrichtentechnik (4. FS), Nachrichtenübertragungstechnik (5. FS) und Hochfrequenztechnik (5. FS) im Bachelor. Speziell das Wahlpflichtmodul 5521 Nachrichtenübertragungstechnik wurde jahrelang nicht mehr gehalten. Man kann es auch besuchen, ohne das Modul Nachrichtentechnik vorher gehört zu haben. Es geht darin vor allem um die Grundlagen der digitalen Signalübertragung und erklärt beispielsweise die Funktionsweise von LTE und heutigen WLAN-Systemen.
Im Master halte ich das Modul Elektronische Nachrichtenübertragung mit dem Fokus auf Software-defined Radio. Neben der Nachrichtentechnik übernehme ich schrittweise nun auch die Vorlesungen zur digitalen Schaltungstechnik von Prof. Wolfgang Reinhold.
Aufgrund der Corona-Krise konnte ich bisher leider noch keine Veranstaltung live in Leipzig halten, sondern weiche auf die bekannten Online-Formate aus und halte alle Lehrveranstaltungen live mit Screen-Sharing.
Woran forschen Sie gerade?
Derzeit arbeite ich am Test und der Weiterentwicklung der Funktechnologie im Projekt ICARUS www.icarus.mpg.de . ICARUS ist eine weltweite Initiative, geleitet vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie Konstanz, zur Beobachtung von Tieren mit Hilfe der internationalen Raumstation ISS. Im Rahmen von ICARUS werden in Zukunft viele interessante Themen für Bachelor- und Masterarbeiten entstehen.
Was erwarten Sie von Studierenden?
Ich erwarte vor allem die Bereitschaft, sich mit den Grundlagen von Technologie auseinanderzusetzen und zu akzeptieren, dass ich in meinen Vorlesungen immer versuche, mit mathematischen Mitteln zu begründen, warum Dinge funktionieren. Die Bereitschaft, diese Begründungen nicht nur als Randinformation anzusehen, sondern als direkten Vorlesungsinhalt detailliert nachzuarbeiten, ist sehr wichtig für mich – auch in Fächern, die oft ohne viele Gleichungen auskommen.
Was sind Ihre nächsten Ziele?
Mein nächstes Ziel ist es, das alte HF-Labor zu einem Ort zu machen, in dem man auch Vorlesungen, Seminare und Praktika abhalten kann, und so direkt Experimente oder Vorführungen in die Veranstaltungen mit einbauen kann. Meine Vision ist es, dass die Studierenden ganz natürlich vom HTWK ComLab sprechen, als einen coolen Ort zum Lernen, Experimentieren, zum Fachsimpeln und zum Gedankenaustausch.