Nach einem Jahr Forschungsförderung schließt das HTWK-Gründungsteam Recovics nun die Mechanik seiner Orthese für die Handrehabilitation ab
Hände sind die wichtigsten Werkzeuge des menschlichen Körpers. Kommt es zu Funktionsstörungen, beispielsweise durch Schlaganfälle, Operationen oder Sehnenentzündungen, hat das drastische Auswirkungen auf das alltägliche Leben. Zur Rehabilitation sind Behandlungen notwendig, doch nicht überall gibt es ausreichend Fachkräfte für Physio- und Ergotherapie. Dabei gibt es immer mehr Patientinnen und Patienten mit Handproblemen, beispielsweise durch die Überbeanspruchung während der Bildschirmarbeit oder die Überalterung der Gesellschaft. Mit der Exohand vom HTWK-Gründungsteam Recovics könnten die Betroffenen einen Teil der Hand- und Fingertherapie selbstständig zu Hause durchführen. „Gerade die aktuelle Situation in der Covid-19-Pandemie zeigt, wie notwendig ein Produkt ist, mit dem eine kontaktlose Behandlung der Patientinnen und Patienten jederzeit möglich wäre“, sagt Frank Schmidt von Recovics.
„Das macht unser Exoskelett so besonders“
Die Exohand können die Betroffenen wie eine Art Handschuh selbst anziehen und damit zu Hause Bewegungen trainieren – ähnlich wie in der Physiotherapie. Dafür ist die Exohand mit einer Mechanik verbunden, die eine kontinuierliche, passive Bewegung der Langfinger und des Daumens durchführt, wobei die Finger selektiv bewegt werden können. Patientinnen und Patienten können so beispielsweise das Öffnen und Schließen der Hand üben. Im März 2021 beendet das Recovics-Team die Arbeiten an der Mechanik. Die Elektronik im Handschuh ist außerdem mit einer App verknüpft, die die Behandlungsfortschritte der Nutzerinnen und Nutzer aufzeichnet. Das können Therapeutinnen und Therapeuten oder Ärztinnen und Ärzte auswerten. „Das macht unser Exoskelett so besonders, denn in der manuellen Handtherapie ist so etwas aktuell nicht möglich“, sagt Schmidt.
Entwicklung mit 1,2 Millionen Euro Fördergeldern unterstützt
Frank Schmidt und sein Kollege Michael Sanne arbeiten seit sechs Jahren an ihrer Exohand. Die Idee dazu entwickelten sie in ihren Bachelorarbeiten, die sie bei Detlef Riemer, Professor für Mechatronik und Steuerungstechnik an der HTWK Leipzig, schrieben. Seit März 2020 können die Ingenieure ihren Prototypen zu einem marktreifen Produkt ausbauen, denn sie haben erfolgreich einen Antrag auf Forschungsförderung beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus gestellt. Seitdem erhalten sie für gut zwei Jahre insgesamt 1,2 Millionen Euro Fördergelder. Dadurch konnten Schmidt und Sanne auch ihr Team erweitern: IT-Spezialist Jesus Cabal entwickelt die Hard- und Software sowie die App für den Handschuh und Diplom-Kauffrau Ariane Barth kümmert sich um den betriebswirtschaftlichen Bereich, vor allem um die geplante Ausgründung, Markt- und Produktanalysen und den Businessplan.
Ab August 2021 soll das Produkt durch Recovics gemeinsam mit Patientinnen und Patienten sowie Therapeutinnen und Therapeuten getestet werden. So wollen sie die Exohand beispielsweise auf Fehler und Messgenauigkeit untersuchen. Wenn die Tests abgeschlossen sind, soll das Produkt auf den Markt kommen.